Buchlounge_Death Lounge

In den Armen des Todes

Die nächste Buchlounge findet am kommenden Freitag, dem 3. April 2015 um 20:30 Uhr (Antiquariat geöffnet ab 20 Uhr) statt. Passend dazu, dass dies der diesjährige Karfreitag ist, geht es diesmal um den Tod, genauer um das Sprechen über den eigenen Tod. Die dahinterstehende Idee wurde ursprünglich von Bernard Crettaz mit den Café Mortels in der Schweiz begründet und von Jon Underwood in Form der Death Cafes nach England importiert, die sich dort zunehmenden Zulaufs erfreuen und weitere Nachahmer fanden. Ich selbst erfuhr darüber durch einen Zeitungsartikel – und habe mir die Idee umgehend für einen eher offenen Buchlounge-Termin vorgemerkt. Et voilà, da der kommende auf einen Feiertag, mit vermutlich eher begrenztem Besucherstrom, fällt, gehen wir’s an. Im Rahmen des Buchlounge-Büffets sollen ganz einfach eine gewisse Zeitlang der Tod und das eigene Sterben das Gesprächsthema sein, angeregt nur durch ein paar Leitfragen. Ich bin gespannt, wie sich das anlässt.

Damit wünsche ich allen, von denen ich vorerst nichts mehr höre, schöne Ostertage und -spaziergänge bei hoffentlich schönem Wetter. Und bitte achtet mir auf des Pudels Kern!

Druckversion der Einladung: Buchlounge_Death Lounge

Deutschlands Erregungsöffentlichkeit

 Faust_aufs_Auge

(Parental Advisory: Folgender Text kann polemische Verkürzungen enthalten.)

Na, das war doch mal wieder mal wieder eine Steilvorlage für die deutsche Erregungsöffentlichkeit: die von Deutschlands Ober-Welterklärer Günther Jauch angezettelte „Stinkefinger-Affäre“. Als erstklassiger Gastgeber schiebt man mal eben dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis, völlig respektlos, eine komplett aus dem Kontext gerissene, verkürzte Filmsequenz unter und will damit belegen, dass…äh, ja was eigentlich?

Diese Provokation ist so billig, dass man darüber lachen könnte – wäre sie ein Einzelfall und nicht eben genau dem Muster entsprechend, wie die Mainstream-Medien versuchen, die Alexis Tsipras-Regierung seit deren Wahlsieg als ein Haufen halbstarker, pubertierender Lümmel darzustellen. Und ganz in diesem Sinne stellt sich Deutschlands Über-Ökonom Wolfgang „Die Schwarze Null“ Schäuble permanent hin und schreit: „Ich bin Euer Vater! Und ich treibe Euch die Flausen schon noch aus! Und sei es dadurch, dass ich Euch das Taschengeld kürze!“ (Ich muss bei dem Begriff „Schwarze Null“ ja immer lächeln. So neu ist die ja gar nicht. Im Gegenteil, sie regiert seit nunmehr einigen Jahren dieses Land…) Warum nehmen sich eigentlich nicht ein paar seriöse Familientherapeuten diesen Kommunikationsstrukturen, die da zu beobachten sind, in einer fundierten Studie an? Das Ergebnis wäre sicherlich interessant zu lesen.

So, und dieser Yanis Varoufakis hat nun also angeblich Deutschland den Stinkefinger gezeigt. Also uns, dem Sommermärchen- und Copacabana-Weltmeister Deutschland mit dementsprechend breiter Nationalitätsstolzbrust. Bestimmt wollte dieser ungezogene Lausbub damit nebenbei höhnisch andeuten, dass Griechenland 2004 die Europameisterschaft gewonnen hat. Ha, nimm das, Varoufakis: Das war nur möglich wegen eines teutschen Trainers, Sucker!

Ach so, nee, der Stinkefinger war ja gar nicht echt. Also jedenfalls vielleicht nicht. – Alles egal, wenn er in Jauchs Wort zum Sonntag auftaucht, dann wird schon was dran sein. Und dann entblöden sich einige Journalisten tatsächlich nicht, anstatt über die Manipulationsmechanismen der Medien nachzudenken, Varoufakis indirekt den Rücktritt nahezulegen. Denn wenn der dann spontan – und mit einigem Recht, je nachdem, in welchem Sinne man diese Bemerkung deutet – anmerkt, es handle sich um eine Fälschung, wird gleich die ganz große Moralkeule rausgeholt: Eigentlich müsse er wissen, dass eine solche „Falschaussage“ schon so manchen Minister den Job gekostet habe usw. etc.

Und spätestens an dieser Stelle frage ich mich dann, woher diese große, breit angelegt Angst vor Tsipras und Varoufakis kommt. Mein Verdacht:

Erstens ein völliges Unverständnis darüber, dass es eine Regierung tatsächlich wagt, zu ihren Wahlversprechen zu stehen, im eigenen Land wieder eine Solidargemeinschaft zu verwirklichen. So etwas kennt man in Deutschland schließlich seit Jahren nicht mehr. Beliebte Argumentationsmuster dabei: „Griechenland widersetzt sich der Austeritätspolitik der Troika!“ Alleine diese Begrifflichkeit: alles so schön royal hier…* Übersetzt also: „Was quatscht Ihr hier von sozialer Katastrophe, die von uns vorgegebene Sparpolitik ist heilig und gottgegeben und dient alternativlos dem System.“ Alternativ dazu: „Griechenland endlich auf dem Boden der Tatschen angekommen!“ Übersetzt: „Gute Aussichten, dass weiter hemmungslos privatisiert werden kann, sei das ökonomisch auch noch so kurzsichtig gedacht und in der Summe unsinnig. Wenn interessiert’s? Kriegsgewinnler gab’s schon immer.“ Anders zu denken haben inzwischen offensichtlich viele schlichtweg verlernt.

Und zweitens die noch fundamentalere Angst, dass die neue griechische Regierung tatsächlich Erfolg haben könnte – und sich damit zeigen würde, dass es gar nicht notwendig ist, diese ganze unappetitliche, neoliberale Suppe, die uns da seit Jahren eingeflößt wird, zu schlucken. Diese Angst ist es ja auch, weshalb linke Bewegungen und alternative Denkmodelle in vielen Medien permanent und zunehmend diffamiert werden, als sei eine neue Morgenröte der McCarthy-Ära angebrochen. Es kann und darf eben einfach nicht sein, dass es Alternativen zum neoliberalen Kapitalismus geben könnte. Punkt.**

Parallel zu all dem erschien aktuell eine Untersuchung im Auftrag des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), das der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung angehört. Diese Studie mit dem Titel Greece: Solidarity and Adjustment in Times of Crisis zeigt auf, “wie Millionen Menschen in Griechenland durch eine überharte und sozial völlig unausgewogene Austeritätspolitik wirtschaftlich abgestürzt sind“ (Gustav A. Horn, wissenschaftlicher Direktor des IMK, zitiert nach dem Artikel „Schuldenkrise. So leiden die Griechen unter dem Sparkurs“ von Jakob Schulz, SZ-online vom 19. März 2015).

Und wo bitteschön bleibt hier nun der allgemeine Aufschrei in der Öffentlichkeit, im Sinne von allgemeingesellschaftlicher Solidarität? Ach, nein, die Erregungsöffentlichkeit hat ja genug damit zu tun, Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit zu schüren oder sich jüngst – völlig undifferenziert – über diese „Unmenge von Chaoten“ der Blockupy-Bewegung zu echauffieren, die da anscheinend völlig unbegründet in Frankfurt auftrat. 10.000 Polizisten können sich schließlich nicht irren! Und das dann oft auch noch mit einem derart verlogen-moralischen Impetus und „Die Linke muss zu ihrer Verantwortung stehen“-Fähnchen im Wind. Oh ja, würden nur alle so sehr zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stehen müssen, wie es die Linke es immer tun soll…

Manchmal wünsche ich der ganzen individuellen und medialen Erregungsöffentlichkeit, dass sie selbst so sehr auf den Hund kommt, dass sie Gras fressen muss. Am besten direkt von der Wiese. Dann nimmt sie dabei auch die ihr angemessene Körperhaltung ein.

Anmerkungen:
* Was wir als gesellschaftliche „Realität“ betrachten, ist per Definition ein Macht- und Besitzverhältnis. Der Begriff „real“ leitet sich nicht von dem lateinischen Begriff „res“ (Sache) ab, sondern vom spanischen „real“ (königlich, dem König gehörend, vgl. auch „royal“). Somit weist „gesellschaftliche Realität“ bereits auf ein Machtverhältnis hin und Begrifflichkeiten wie „real estate“ auf Besitzverhältnisse. Ähnlich verhält es sich mit dem englischen Begriff „Force“, in dem sich Stärke, Kraft und Macht mit Gewalt, Zwang und Druck verbinden und damit die physische Durchsetzung der Machtverhältnisse mit Gewalt (Gewaltmonopol des Staates). (Vgl.: Graeber, David: Direkte Aktion. Ein Handbuch, Hamburg 2013; S. 287)
** Ich bin auf dem Gebiet kein Experte, aber ich kenne Stimmen, die wohl mit einiger Berechtigung davon ausgehen, dass das Kubanische System hätte funktionieren können, wäre es nicht konsequent durch die amerikanische Handelsboykott-Politik ausgehebelt worden. Boykott bzw. auf der anderen Seite Inkorporation durch den Mainstream, mit dem Ziel der Entschärfung, sind bekanntlich Mechanismen, die jede alternative Subkultur stets zu spüren bekommt.

Buchlounge plus_Termine

Flyer_InformationsTanz_150314

Liebe Freundinnen und Freunde,

Markus „Red Ford“ Hoppe und ich haben beschlossen, den im Januar mit einem recht erfolgreichen Exotica-Termin gestarteten InformationsTanz! im Pausenhof (am Sternplatz) zu einer regelmäßigen Reihe auszubauen. Weiter geht es, im angestrebten zweimonatigen Rhythmus, am kommenden Samstag, dem 14. März 2015 mit einem Abend zum Thema Cocktail Nation und den vorhergehenden diversen sub- und popkulturellen Rückgriffen auf das Exotica-Genre. Mein Vortrag mit Musik beginnt gegen 21 Uhr, danach, ab ca. 22 Uhr, das gewohnte DJ-Programm von M&M bis die Polizei kommt (bislang eine 100 %ige Trefferquote, wir geben uns Mühe :-)).

Wer Lust auf Kunst, Antiquitäten und Bücher hat, dem sei am darauffolgenden Wochenende 21./22. März ein Besuch der Haaggasse empfohlen. Dort findet der jährliche Antikmarkt statt, auf dem ich selbst mit einem Antiquariatsstand in der unteren Hälfte der Gasse vertreten sein werde. Ich, wie auch die Kollegen, freuen sich über Euren Besuch an unseren Ständen!